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Naturwissenschaftliche Promotion in der Industrie

Eins ist klar: der Doktortitel ist der höchste akademische Grad, den eine Universität in Deutschland vergeben kann und Voraussetzung für bestimmte Karrierewege. Dabei sind deutsche Doktortitel weltweit sehr geachtet. Mit Abschluss der Promotion erfolgt der Nachweis, dass Du in der Lage bist, eigenständig an einer wissenschaftlichen Fragestellung zu arbeiten und dazu zu forschen. Während der Überlegung, ob Du Dich zu einer Promotion entschließt, kommt auch die Frage auf den Tisch, wo Du diese durchführen könntest. Neben der offensichtlichen Möglichkeit an der Uni oder in Forschungsinstituten zu promovieren, sind auch Industrieunternehmen mögliche Partner für eine Promotion. Dabei bietet jede Option eigene Vorteile. Die btS hat für Dich mit Promovierenden aus der Industrie gesprochen und Erfahrungen sowie Tipps zusammengetragen.

Promotion bei einem der erfolgreichsten DAX-Unternehmen der letzten Dekade

Ein potenzielles Unternehmen für eine Industriepromotion ist Sartorius. Sartorius ist ein internationales Unternehmen im Bereich Life Sciences mit mehr als 12.000 Angestellten weltweit. Die btS hatte die Möglichkeit mit Amelie* zu sprechen, sie ist Promotionsstudentin im zweiten Jahr bei Sartorius.

Der erste Kontakt zwischen Amelie und Sartorius kam durch das Sartorius Stipendium zustande. Mit diesem fördert das Unternehmen Studierende während des Masterstudiums und bietet die Möglichkeit, Praktika oder Masterarbeiten im Unternehmen durchzuführen. Amelie erzählte uns, „Am interessantesten finde ich die Arbeit an anwendungsbezogenen Projekten, die bei Erfolg in Form neuer Produkte oder Applikationen auf den Markt kommen.“ Weshalb sie sich nach der Masterarbeit um eine Industriepromotions-Stelle bei Sartorius bemüht hat. Ein weiterer positiver Aspekt sei, dass sie bei Sartorius erste Berufserfahrungen sammeln und die Arbeitsweise eines internationalen Unternehmens kennenlernen könne, was den späteren Berufseinstieg in die Industrie erleichtere. Sartorius als globales Unternehmen, biete die Möglichkeit auf internationaler Ebene Kontakte zu knüpfen, z.B. durch projektbezogene Zusammenarbeit oder sogar Auslandsaufenthalte.

Wer sich für eine Industriepromotion interessiert, sollte versuchen ein Praktikum oder seine Masterarbeit im entsprechenden Unternehmen zu machen, es ist aber keine Voraussetzung.“

Für ihre Promotion hat Amelie* zusätzlich zu ihrem Betreuer im Unternehmen auch einen betreuenden Professor an einer Universität. Eine solche Kooperation ist notwendig, da das Promotionsrecht ausschließlich bei berechtigten Hochschulen liegt. Auch die spezifischen Anforderungen an die Doktorarbeit, wie z.B. die Anzahl an Publikationen werden von der Hochschule festgelegt. Amelies Promotionsthema wurde von ihr gemeinsam mit ihren beiden Betreuern ausgearbeitet.

In der Arbeitsgruppe ist Amelie die Einzige, die an diesem Thema arbeitet. Dies sei in Unternehmen nicht unüblich, da Promovierende oft mit der Zielsetzung der Produktentwicklung oder Prozessoptimierung eingestellt würden. Unterstützend können eigens betreute Bachelor- oder Masterstudierende an dem Projekt mitarbeiten. „Die Betreuung eines eigenen Projektes und eigener Absolvent:innen stellt einen vor ganz neue Herausforderungen“. Somit ist die gesamte Projektkoordination ebenso ein Bestandteil der Arbeit von Amelie, wie das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen. „Man wächst in den Arbeitsalltag hinein. Social Skills sind hier ebenso wichtig wie ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Fachkompetenz“, erzählte sie uns.

Allen die eine Industriepromotion in Erwägung ziehen, rät Amelie während des Studiums Kontakt zu Unternehmen aufzunehmen, denn im Falle von Sartorius am Standort Göttingen hatten die meisten Promovierenden bereits vorher Kontakt zum Unternehmen.

* Name geändert, aber der btS – Life Sciences Studierendeninitiative e.V. bekannt

Promotion beim größten forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland

Auch in der Pharmabranche gibt es die Möglichkeit, eine Industriepromotion durchzuführen, z.B. bei dem weltweit tätigen Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim. Mit über 16.000 Mitarbeiter:innen allein in Deutschland ist es das größte Pharmaunternehmen hier zu Lande, das sich auf die Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln für Mensch und Tier spezialisiert hat. Sophie** ist Promotionsstudentin im dritten Jahr bei Boehringer Ingelheim und hat der btS von ihren persönlichen Erfahrungen berichtet.

Sophie hat sowohl ihren Bachelor als auch ihren Master in Biochemie an der Universität Ulm erworben. Durch ein Praktikum bei Roche konnte sie erste Einblicke in die Industrie sammeln und hat schnell gemerkt, dass ihr die industrielle Forschung sehr gut gefällt. Während ihrer Masterarbeit an der Universität Ulm hat Sophie Kontakt zu Boehringer Ingelheim aufgenommen und sich dort um eine Promotionsstelle beworben. Im Gegensatz zu Amelie ist Sophie nicht vorher bei dem Unternehmen tätig gewesen, bei dem sie ihre Promotion durchführt. Das ist auch nicht unbedingt notwendig, sagt Sophie, denn es gäbe viele verschiedene Möglichkeiten von Promotionsstellen in der Industrie zu erfahren, sowohl extern als auch intern.

Es gibt aber auch viele Parallelen zum Promotionsprogramm von Amelie. Sophie hat ihr Promotionsthema gemeinsam mit ihren Betreuern entwickelt und auch über den weiteren Verlauf entscheiden sie gemeinsam. Die Betreuung erfolgt durch ein Thesis Advisory Committee bestehend aus zwei Professoren der Universität Ulm sowie einem Wissenschaftler von Boehringer Ingelheim. Auch Sophie übernimmt keine klassischen Lehraufgaben an der Universität, was sie als großen Vorteil sieht, da ihr so mehr Zeit für ihre eigene Forschung und Weiterbildung bleibe. So hat Sophie beispielsweise einen Journal Club in ihrer Abteilung ins Leben gerufen.

Da ihr die Nähe zur Universität während der Promotion wichtig war, hat sie sich für eine freiwillige Teilnahme an der internationalen Graduiertenschule für Molekulare Medizin der Universität Ulm entschieden. Das Programm ist, genau wie ihre Industriepromotion, auf drei Jahre ausgelegt. Für jedes Jahr erhält sie einen Studienplan, welcher aus verpflichtenden Vorlesungen und Seminaren, aber auch aus progress reports, Konferenzen und Zwischenprüfungen besteht. Zusätzlich gibt es eine Vielfalt an optionalen Aktivitäten. Sophie hatte so z.B. die Möglichkeit, einen kostenpflichtigen Projektmanagement Kurs zu belegen, bei dem die Kosten vom Graduiertenkolleg übernommen wurden. Sie könne die Teilnahme an einem Graduiertenkolleg während der Industriepromotion nur empfehlen, erzählte uns Sophie, da das Studienprogramm einen breiten Überblick über die aktuelle Forschung im Bereich Molekularer Medizin biete und man somit auch Einblicke in andere Forschungszweige erhält. Kurzum, eine spannende Abwechslung biete und die Berufsaussichten verbessere.

Für alle die sich eine Industriepromotion vorstellen könnten, obwohl sie bisher noch keine Erfahrungen in der Industrie gemacht haben, hat sie den Tipp: „Ich glaube, dass auch Initiativbewerbungen gut ankommen. Wenn man dort Themenvorschläge beifügt, kann man sicherlich auch positiv auffallen.“

Das für Sophie die Promotion in der Industrie genau der richtige Weg war, hat viel damit zu tun, dass sie dort sehr eigenverantwortlich arbeiten konnte und dass sie eigenverantwortliches Arbeiten sehr schätzt. Dennoch gibt sie zu bedenken, dass ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Eigenmotivation nicht für alle das Richtige sei.

** Name geändert, aber der btS – Life Sciences Studierendeninitiative e.V. bekannt.

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Autor:innen

Juliane Müller (Master Molekulare Biotechnologie, TU Darmstadt) mit Unterstützung durch Sarah Hallstein (Master Molekulare Biotechnologie, TU Darmstadt) und Johann Liebeton (Master Bioentrepreneurship, CBS). Als Mitglieder der btS und gleichzeitig selbst auf der Suche nach einem Promotionsplatz, möchten sie Euch die Möglichkeit einer Industriepromotion vorstellen.